Auf die Quagga-Muscheln kommen wir gleich, keine Sorge (die sind neu!). Inzwischen die siebte Teilnahme "unseres" Vierers. Gestartet 2017 als Betriebsausflug, nun fester Bestandteil im Saisonkalender mit ein paar festen Ritualen. Erfreulicherweise können wir uns freitags mit zwei Wormsern Booten auf dem Hänger auf den Weg in die Schweiz machen, da uns Nicola (zweite Teilnahme) und Michael (Erstteilnehmer) mutig im Gig-Zweier verstärken. Dazu auch erstmals ein Privat-Coach an Bord: Bani setzt dieses Jahr aus und coacht uns vom Flussrand aus. Dafür starten wir in der "Rennbesetzung" mit Olli (Erstteilnahme). Der Hänger wird (wie immer) noch durch zwei Mannheimer Boote aufgefüllt, ein Doppelachter und eine Renngemeinschaft aus Mannheim, Tübingen und Geesthacht, die mit dem erklärten Ziel anreisen, uns den 5. Titel als schnellste Gig 4x+ Mannschaft streitig zu machen.
Foto: Susanne Müller-Schambach
Ab geht die Fahrt am Freitagmorgen mit dem ersten spannenden Moment: für welche Strecke wird sich das Orga-Kommittee der Bilac entscheiden? Alle hoffen auf die (einfach schönere) Seestrecke von Neuchatel nach Biel, aber um 10:01 erreicht uns die Nachricht: es ist die Flussstrecke, wegen des angesagten Windes. Das heißt vor allem 6 km mehr als die Originalstrecke, 18 km gegen die Strömung und 18 km zurück nach Solothurn. Ich würde nicht von überschäumender Freude in unserem Fahrzeug sprechen... aber tatsächlich kennen viele der Wormser Teilnehmer aus 2022 auch schon die Flussstrecke - Herausforderung, aber machbar. Ein Vorteil: wir sind deutlich früher am Start, da wir schon in Solothurn den Hänger abstellen können. Die lokalen Gegebenheiten zum Einwassern am Samstagmorgen kennen wir auch schon, so dass wir beiden Booten einen Top-Platz sichern können. In Solothurn treffen wir den Cheforganisator, den wir schon vom letzten Jahr kennen. Er empfiehlt uns für den Morgen "eine Extra-Ovomaltine" (bitte mit Schweizer Akzent lesen), da mit viel Wind zu rechnen sei... Neben dem Streckenentscheid ist auf der Bilac-Website auch ein Hinweis zur Quagga-Muschel zu finden - eine invasive Muschelart, die sich in Wasserleitungen breit macht. Deren Verbreitung soll durch sorgfältiges Bootputzen und Trocknen verhindert werden. Wir überlegen kurz, ob die Quagga-Muschel vielleicht ein probates Mittel gegen die Lampertheimer Wasserlinsen darstellen könnte, entscheiden uns aber gegen das Experiment und folgen allen Anweisungen penibel.
Etwas früher als gedacht sind wir durch mit Allem und treten den gewohnten Weg ins Sportzentrum nach Magglingen an. Dort versammelt sich die gesamte Worms/Heidelberger Mannschaft, um den nächsten Fixpunkt anzustreben: Besuch der Pizzeria am Bieler See - so sehen wir den auch gleich. Hübsch sieht er immer aus, leider ist aber zu kalt, um draußen zu sitzen. Trotz neuem Pächter schmeckt die Pizza immer noch großartig ... und das Panache dazu sowieso.
Letzte Details für den morgigen Tag werden wie gewohnt in der Bar der Sporthochschule geklärt beim Vollmund...äh Vollmondbier! Temperatur soll frisch sein, Wind heftig. Und wie gehen wir mit der uns unbekannten Mannheim/Tübinger/Geesthachter Mannschaft um? Aber angesichts der 36 harten Ruder-Km geht es dann doch recht zeitig in die Zimmer.
Samstagmorgen dann etwas entspannter: Flussstrecke heißt Start erst um 9:30 Uhr. Frühstück 7 Uhr, Abfahrt 7:45 Uhr, kurz nach 8 Uhr am Regattaplatz. Tatsächlich hätten wir noch die Chance zu den ersten fünf einwassernden Booten zu gehören (dann gibt es einen Getränke- und Essensgutschein), aber angesichts der niedrigen Temperaturen entscheiden wir uns dagegen. Einwassern gelingt problemlos, um 9:15 Uhr sind wir draußen. Bei der Flussstrecke werden die Boote in Segmente A/B/C eingeteilt. Gig-Vierer sollen eigentlich nach hinten, aber wir haben ja ein bisschen was vor und mit unserem 9. Platz in der Gesamtwertung 2022 auf der Flussstrecke sollten wir nicht zu weit hinten starten. Die Rennvierer, die sich daran stören, machen wir in der Regel auf den ersten 500 m klar... Der Mannheimer Vierer liegt ganz in der Nähe bei uns.
Fotos: Susanne Müller-Schambach, Jürgen Stephan
9:30 Uhr Startschuss! Im Massenstart geht es los und wir kämpfen uns durch die Masse. Wir haben doch einige Boote zu überholen, so dass wir Teile der ersten zwei Kilometer mittig in der recht starken Strömung rudern müssen. Im Nachhinein stellen wir fest, dass wir da wohl einiges an Rückstand auf den Mannheimer Vierer kassieren. Das Feld zieht sich langsam auseinander und es entwickeln sich einige Bord-an-Bord-Kämpfe, die wir alle aber für uns entscheiden (alte Rudererweisheit "immer 10 Dicke mehr als der Gegner"). So ein überholter Achter macht einfach Laune. Sabine kommt auch immer besser in die Kampflinie und steuert sehr stark durch die Kurven, in denen sich die unterschiedliche Strömung stark bemerkbar macht. Von Mannheim keine Spur, bisschen besorgniserregend, aber unser Coach Bani ist am Ufer unterwegs uns ruft uns den Rückstand zu. Den verstehen wir aber (zum Glück?) nicht so gut. Also konzentrieren wir uns auf unseren Schlag und einfach auf alles, was da so vor uns kreucht. Hinter uns sehen wir den Mannheimer Doppelachter, den wir auch immer besser in Schach halten - gutes Zeichen. Vor der Wende sehr starke Strömung, aber wir kommen weiter gut in den Rhythmus. Vor uns fährt ein Gig 4x+, auf den wir stark auflaufen, das muss Mannheim sein. Kurz vor der Wende schießt Mannheim aber schon in der Gegenrichtung an uns vorbei, huch? Es stellt sich heraus, dass direkt vor uns noch ein Boot (4x+) aus Zürich rudert. Das bleibt auch vor uns an der Wende. Die gelingt uns gut und es geht auf den wilden Ritt zurück nach Solothurn. Tja, und nun? Unter den Top 7 sind wir (super), aber noch zwei Gig 4x+ vor uns, darunter Mannheim mit geschätzt 1:30 min vor uns - bei noch 18 km zu Rudern.
Taktikanweisung aus dem Boot: "Das war es jetzt mit der Pause!" Da hat jemand wohl recht, einzige Chance jetzt ist, ohne die geplante Pause zu rudern. Die Banane direkt vor dem Start und das großzügige Frühstück müssen es jetzt richten! Erfreulicherweise laufen wir direkt auf den Züricher Vierer auf, der wehrt sich kurz, aber ein paar Zehner mit Druck lösen auch dieses Problem. Zweitschnellster Gig-Vierer, immerhin. Jetzt gibt es nur noch ein: Länge, Druck und gucken, was noch geht. Nach der Autobahnbrücke sind es noch etwas mehr 10 km. Bei Km 25 plätschert es neben uns - Mannheim taucht auf unserer Backbordseite auf! Offensichtlich haben wir seit der Wende eine deutlich höhere Geschwindigkeit und das Überholen gelingt sogar relativ problemlos. Wir bringen ohne große Gegenwehr Wasser dazwischen und dann läuft alles von alleine. Selbst ein rücksichtsloses Motorboot mit Wellenschlag bringt uns nur kurzzeitig aus der Spur. Olli und Steffen riechen schon bald die Dixi-Klos (ich zitiere nur!) und wir beenden die Bilac 2024 zum fünften Mal als schnellster Gig 4x+ und auf einem persönlicher Rekord fünften Rang von 77 Booten (vor uns lediglich drei Renndoppelvierer und ein Achter).
Michael und Nicola beenden das Rennen auf einem sehr starken Platz 37 und damit noch in der oberen Hälfte aller Boote! Das muss natürlich gefeiert werden, was im aufgebauten Festzelt problemlos möglich ist. Es werden die Renngeschichten ausgetauscht und die drohende Unterhopfung (erfolgreich) bekämpft.