Nachdem feststand, dass ich ab 2025 nicht mehr arbeiten brauche, meldete ich mich für die auf rudern.de ausgeschriebene Wanderfahrt Donau in den Osterferien an. Im Vorfeld habe ich nicht allzu viel über die Tour erfahren, lediglich Start- und Endpunkt mit dem dazugehörigen Datum war klar. Also: blind hinfahren mit Luftmatratze, Schlafsack und Ruderklamotten für 14 Tage - warm wie sommerlich.
Fotos: Ingrid Kramer-Schneider
Der Fahrtenleiter ging wie selbstverständlich davon aus, dass jeder ihn kannte - jedenfalls stellte er sich nicht vor. Die Boote hatte er mitgebracht - sehr gute E-Boote von Baumgarten. Diese wurden am Samstag erst mal aufgeriggert, während wir auf die noch fehlende Teilnehmerin warteten.
Zum Auftakt am Samstag von Straubing nach Vilshofen 74 km. Erstes mal mit Musik im Boot von Handy und zwei Boxen. Ich überlegte erst mal, ob ich das gut finden sollte. Jedenfalls war der Musikmix einmal quer durch alle Zeiten und Genre, teilweise Lieder von vor 40 Jahren klangen über den Fluss. Wir trafen erst mit Beginn der Dunkelheit am österreichischen Bundesleistungszentrum Rudern und Kanu ein, da Umtragen an der letzten Schleuse nötig war. Der Landdienst bereitete Chili con carne zu.
Sonntag Vilshofen - Passau - Kasten 45 km. Drei der vier Boote machten einen Stadtrundgang in Passau mit lecker Eis. Es finden sich zum Glück alle um 16 Uhr wieder am Boot ein, was nicht verkündet worden war beim Anlegen.
Am Montag ging die Etappe von Kasten bis Ottensheim (3 Schleusen, 65 km).
Dienstag Ottensheim nicht ganz bis Grein (60,3 km). Die Abendstimmung an der Donau war bemerkenswert.
An diesem Tag lieferte sich mein Boot mit Lothar am Schlag ein Rennen mit dem Doppelzweier nach der letzten Schleuse, welches der Doppelzweier gewann. In der Spitze betrug die Bootsgeschwindigkeit hierbei 14,8 km/h.
Am Mittwoch ging von vor Grein nach Melk (49 km), wo das großartige Barockstift auf einem Hügel über der Stadt thront. Leider war es bei unserer Ankunft bereits geschlossen. An der ersten Schleuse war wieder eine Umtrageaktion nötig. Manuel konnte den Schleusenwärter wiederum nicht gewinnen, uns zu Schleusen. Martin bekam jetzt den Job den Schleusenwärter vom Handy aus anzurufen und dafür zu sorgen, dass alle vier Boote geschleust wurden. Maria, mit 77 Jahren die zweitälteste Teilnehmerin, lässt es sich am Abend nicht nehmen, ihren Zweier persönlich mit die steile Treppe hochzutragen
Am Donnerstag ging es von Melk zum Ruderverein Tulln (72,3 km). Auf dem Fluss gab es Wellen von 40 cm Höhe aufgrund des starken Gegenwinds. Die Bootsgeschwindigkeit vor der Schleuse betrug nur 4 km/h, mit stromauftreiben bei Ruder halt. „Höhepunkt des Tages“: Der Obmann (140 kg, ältester Teilnehmer, Teebeutelrudern) verlangt in dieser Situation vom Rest der Mannschaft mehr ziehen. Beim Aussteigen treten 140 kg lebend ins Boot. Die Bootswand biegt sich, bricht aber nicht... Ein Lob auf die robusten Boote von Baumgarten. In Tulln übernachten wir im Bootshaus des Ruderclub. Am Morgen warten alle auf das Ablegen, bis die Regenfront durchgezogen ist. Das passt, da kurze Strecke bis Wien zum Rudern ansteht. Rufus (14 Jahre, der jüngste in der Runde) macht beim Warten extra units auf dem Crosstrainer.
Es folgt eine echt gechillte Etappe bis Wien-Nussdorf zur Ruderunion Wien. 31,5 km. Manuel, unser Rudernerd, macht 30er Schlag und lässt nicht mit sich reden. Er möchte der Mannschaft die Pipipause verweigern und macht nicht Ruder Halt wenn das entsprechende Kommando kommt. Die Damen machen halbe Schläge, um das Tempo auszugleichen. Das Anlegen am Steg welcher in voller Strömung liegt, ist superfix, alle Boote sind in Rekordtempo gelagert. Stefan, unser Fahrtenleiter hat Kuchen gekauft und es wird Kaffee gekocht. Die Gruppe verläuft sich.
Samstag ist Ruhetag in Wien, mit gemütlich frühstücken und langsam in die Stadt eine kleine Runde über Ostermarkt, Stephansdom und Cafe Sacher. Stadtpark und wieder zurück drehen. Zum Abendessen finden sich alle beim Heurigen ein, wobei einige trotz Bestellung kein Essen bekommen.
Am Ostersonntag gibt es Schokoeier zum Frühstück. Es folgt eine landschaftlich schöne Etappe mit viel Strömung bis Bratislava. In der Spitze 18,6 km/h Bootsgeschwindigkeit bei 68 km Strecke. Wir übernachten auf einem Hotelschiff.
Von Bratislava geht es bis in die ungarische Wildnis über die Mosoni-Donau mit drei abenteuerlichen Umtragestellen (57 km). Bis alle Boote diese passiert haben, ist es 13 Uhr vorbei und wir haben praktisch noch die ganze Tagesetappe vor uns. Nur durch viel Glück ist Mensch und Material beim Umtragen nichts passiert. Rufus auf Schlag quirlt wie ein Weltmeister und lässt sich durch nichts bewegen etwas ruhiger zu schlagen. Die landschaftlich sehr reizvolle Strecke kann man deswegen kaum genießen. Einige Bäume liegen im Wasser und wir fahren auf einen querliegenden Baum auf. Es dauerte ein wenig, bis das Boot wieder flott war; der Steuermann musste Aussteigen, um das Boot wieder frei zu bekommen. Die andere Mannschaft mit Manuel am Schlag klagt über exorbitante Anstrengung des Schlagmanns ohne auf die restliche Mannschaft Rücksicht zu nehmen. Beim Rausnehmen der Boote verletze ich mich am Oberschenkel, weil das Anheben eines Bootes etwas unkoordiniert erfolgte.
Am Dienstag war Rudern bis Győr angesagt, allerdings erst mal mit einer weiteren sehr abenteuerlichen Umtragestelle. Wir kommen erst um die Mittagszeit mit dem Umtragen zurecht. Bis wir die 69 km echt angehen können ist 12 Uhr vorbei. Heute haben wir eine landschaftlich schöne Strecke mit Genussrudern vor uns. Lingling lässt es zu, dass regelmäßig der Steuermann gewechselt wird. Wir kommen schließlich um 19.15 Uhr am Ruderverein in Győr an.
Mittwochs rudern wir von Győr nach Komaron 43,5 km mit etwas mehr als 1 h Wartezeit an der Schleuse, die den Abschluss der Mosoni-Donau bildet. Die Mannschaft von Mittwoch bleibt bestehen bis zum Ende der Fahrt in Budapest, was alle mit den stressigen Etappen der vergangenen Tage versöhnt. Wir übernachten in einem Haus des Roten Kreuz. wo wir bereits um 16 Uhr eintreffen. Endlich Gelegenheit, um mal etwas auszuruhen und sich auf die abendliche Pizza zu freuen. Zum Glück gibt es auch noch Frühstück im Hotel gegenüber der Pizzeria.
Von Komaron bis Esztergom 49 km, gemütlich mit Anne, Katrin und Stefan. Schönes Rudern, zum Glück kommen wir rechtzeitig vor dem Regen an. Wir übernachten im 5- Bettzimmer einer Sportler-Unterkunft. Esztergom, die Krönungsstadt der ungarischen Könige hat viele schöne Bauwerke, man könnte hier durchaus einen Ruhetag mit Kultur einlegen.
Am nächsten Morgen, dem letzten Rudertag geht es nach einem gemütlichen Frühstück erst um 9.30 Uhr mit dem Einsetzen der Boote weiter. Die Treppe zum Steg ist steil und voller Matsch, so dass alle Hände gebraucht werden, um die Boote ohne Ausrutschen auf das Wasser zu bringen. Bei 61 Ruderkilometern mit praktisch den gleichen Ruderern wie die letzten Tage läuft das Boot sehr schön. Ankunft am Ruderverein Budapest gegen 16.30 Uhr. Die Boote waren blitzschnell abgeriggert und verladen. Der Doppelzweier mit Manuel, Rufus und Lingling macht eine extra Runde bis zum Parlament und wieder 8 km stromauf. Bei der Übergabe des Geschenks an den Fahrtenleiter mache ich den Vorschlag, die abenteuerlichen Umtragen zukünftig durch einen Landtransport der Boote zu vermeiden und eine WhatsApp-Gruppe für die bessere Kommunikation einzurichten.
Am Samstag wollen noch 3 Leute mit dem Doppelzweier zum Parlament und zurück. Nach einem gemütlichen Frühstück fahren Anne und ich in die Stadt. Mit der Bergbahn auf den Hügel von Buda, eine Runde bis zur Fischerbastei, Wachablösung vor dem Haus des Ministerpräsidenten, vornehm Kaffee trinken im Café Gerbeaud, das Pendant zum Café Sacher, und Ausspannen im Gellertbad stand auf dem Programm.
Ein Uber-Taxi bringt mich am Sonntagmorgen zum Bahnhof, wo der österreichische Zug pünktlich Richtung München abfährt. Von dort dauert es wegen einer Fahrplanumstellung noch eine gefühlte Ewigkeit bis nach Hause.
Fazit der Fahrt:
Ich habe eine gut vorbereitete Rudertour mitmachen dürfen, wobei der Fahrtenleiter so gut wie keine Informationen gibt. Ich empfand einige Tage als Stress pur, weil nicht alle die grundlegende Bedürfnisse der Bootskameraden respektierten. Erst die letzten drei Tage wurde es angenehm. Wir haben an manchen Tagen 8 Stunden durchgehend im Boot verbracht, weil einige der Obleute eine Landpause für entbehrlich hielten. Ich bekam genug Donaurudern für die nächsten Jahre und hatte mit Beendigung der Tour das Fahrtenabzeichen für 2025 erworben. Ausruhen konnte ich mich zu Hause und gewann die Erkenntnis, dass unter den Bedingungen der Tour acht Tage ausreichend gewesen wären.