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Rheinrudern hin oder her - Christian Schmidt vom Wormser RC ist von Haus aus kein Süßwasserkapitän. Als gebürtiger Bremerhavener ist er gesegelt, und jetzt nimmt er immer wieder Ruderkollegen von Rhein und Main mit in seine heimischen Gewässer – zuletzt am Samstag nach  Pfingsten zur „Fahrt um die Strohauser Plate“ des Nordenhamer RC.

Unterweser 2019 (Foto: Christian Schmidt)

Die Nordenhamer sind Gemütsmenschen; nicht nur, daß sie feste Gewinner der Regatta erwarten (Altwarmbüchen läßt grüßen) und deshalb mit Ruhe in die 27 km starten; es gab auch zur Einstimmung erst mal flotte Gesänge des Shanty-Chors!

Dann kletterten wir in die freundlicherweise geliehenen Boote, und los ging‘s, mit auflaufendem Wasser die Unterweser aufwärts um die Insel, deren Seitenkanal z.T. so eng wird, daß aufgepflanzte Besenstiele (Reiser auf- bzw. abwärts) die grünen und roten Tonnen ersetzen. Wasser und Wind waren bei Abfahrt trügerisch ruhig, und prompt holten uns ab dem Kraftwerk Regenwolken und saftiger Gegenwind ein. Die Regatta ist sorgfältig mit dem Tidenkalender abgestimmt, da Ebbe und Flut Wasserstand und Fließrichtung der Flüsse mehrmals täglich verändern; so kamen wir auf dem Rückweg mit ablaufendem Wasser zügig zurück zu Siegerehrung, Grillen und feudalem Kuchen- und Tortenbüffet.

Am Sonntag wurde der Einfluß der Gezeiten besonders deutlich. Die Strömung trug uns von Nordenham aus an Bremerhaven vorbei auf die Nordsee, wo wir durch den Suez-Priel (!) ins UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer ruderten und auf dem trocken gefallenen Meeresgrund frühstückten – möglich nur, weil wir schon morgens um 5 Uhr gestartet waren. Später hätten wir die Strömung gegen uns gehabt, und das Wattenmeer wäre wieder vom Wasser überspült gewesen. Nicht nur das Frühstücksbüffet auf den Booten und die Mahlzeit barfuß im (hm, etwas frischen) Wasser waren ein Erlebnis, sondern auch die Seehunde, die uns auf der Fahrt begutachteten. - In Christians Boot hatte ich zusätzliches Glück: Wir legten bei Langlütjen II an, einer der 2 Festungsinseln im Mündungsbereich, von denen aus fremde Schiffe, die auf die Weser wollten, mittels  Kanonen versenkt werden konnten. Für unseren Dreier die Möglichkeit, die Stöcke im Anlegebereich, die Steine und Wälle voller Nestern der Riesenmöven und den Festungsbau quasi IN der Insel aus nächster Nähe in Augenschein zu nehmen.

Und dann die Schiffe! Die Größe und Vielzahl der unterschiedlichen Schiffstypen ist ungewöhnlich und beeindruckend. Beim Umrunden der Strohauser Plate war uns der Nachbau eines historischen Dielenschiffs, die „Hanni“, begegnet. Dielenschiffe versorgten früher auf der Weser und den Sielen auch entlegene Bauernhöfe. Ebenfalls ein Nachbau war die Hansekogge, die uns am Sonntag überholte. Koggen waren der bedeutendste Frachtschifftyp der Hansezeit. Im Vergleich zu den heutigen Frachtschiffen – egal ob Containerschiffe oder Auto-Carrier – ist eine Hansekogge geradezu verschwindend klein und kann/konnte damit bis Bremen fahren. - Auf unseren Fahrten begegnete uns wiederholt ein Schiff, das regelmäßig die Fahrrinne der Unterweser von Sand und Schlick befreit und diesen in die Nordsee transportiert. Die zunehmende Versandung der Weser machte es vor mehr als 100 Jahren für Bremen notwendig, eine Kolonie an der Wesermündung zu gründen. So entstand 1827 Bremerhaven.

Eine kleine Trainingseinheit wurde die Begegnung mit dem Großsegler „Großherzogin Elisabeth“, die auch mit 110 Jahren noch regelmäßig auf Nord- und Ostsee unterwegs ist. Sie überholte uns in Rufweite auf ihrem Rückweg zum Heimathafen Elsfleth. Da legten wir im gesteuerten Zweier mal einen drauf und zogen am Schiff vorbei – was uns ein dickes Lob unseres Nordenhamer Steuermanns eintrug!

Der nächste Segler wurde dann unser Nachtquartier: Die 1927 gebaute „Schulschiff Deutschland“ hat schon vor vielen Jahren in Bremen-Vegesack festgemacht und dient als maritime Unterkunft.

Unsere Montags-Tour, eine beschauliche Abschlußtour zwischen Vegesack und Farge,  ermöglichte uns einige Einblicke in den Werftbau: Durch das Gelände der früheren Bremer Vulkan AG (bis in die 1990er eine der größten Werften Europas, bevor sie ein Opfer der damaligen Werftenkrise wurde), wo sich heute mit Lürssenund Abeking + Rasmussenzwei weltweit renommierte Spezialwerften für den Bau von Luxusyachten und Kriegsschiffen befinden. Und wieder die Tide: Beim Anlegen am Strand trugen wir die Boote etwa 30 Meter weit hoch; beim Ablegen waren es keine zehn Meter mehr, weil das auflaufende Wasser einen großen Teil des Strandes überspült hatte.

Herzlichen Dank, lieber Christian, für eine beispielhaft präzise Organisation und Planung, die den Spaß am Rudern mit wunderbaren Erlebnissen und Überraschungen vor Ort verbindet!!


Text "Durch den Suez-Priel (!) ins UNESCO-Wattenmeer" von Sabine Möhrle vom Weisenauer RV und Holger Bastion vom RC Aschaffenburg; Fotos: Christian Schmidt

 

Strohauser Plate 2019 und Wattenmeer
Text und Fotos von: Holger Bastian, RC Aschaffenburg

Mitte Juni brach wieder eine gemischte Gruppe süddeutscher Ruderer, zusammengesetzt aus dem Wormser RC, der Weisenauer RV, der RG Wiesbaden-Biebrich und dem RC Aschaffenburg, verstärkt durch den Vegesacker RV auf, um der Einladung zur traditionellen Umrundung der Strohauser Plate zu folgen. Hier treffen sich viele Ruderfreunde aus dem Norden, bis hinüber nach Hannover und Hildesheim und genießen die Gastfreundschaft des Nordenhamer Ruderclubs. So weit oben, fast an der Mündung hat die Weser ihren Flußcharakter weitgehend verloren und zeigt deutlich den Einfluß der Gezeiten. Selbst tief im Inland, in Bremen beträgt der Tidenhub noch über vier Meter. Die Flußbreite ist bereits auf ca. 1,5 km angewachsen und Wind und Wellen spielen eine erhebliche Rolle.

Entsprechend sind die Boote für die Regatta allesamt mit aufwändigen Wellenabweisern und Abdeckungen “seetauglich“ ausgerüstet. Insgesamt gehen zehn Boote an den Start und unsere Gruppe verteilt sich auf drei davon. Ab dem Start in Nordenham wird zunächst flußauf gerudert. Die Strohauser Plate wird dabei landseitig durch einen breiten Schilfgürtel passiert. Dies ist ein bekanntes Naturschutzgebiet und Reservat für Seevögel. Wir hören zahlreiche interessante Vogelstimmen, während wir uns vorankämpfen.

Wie schon beim letzten Mal wird das Wetter umso schlechter, je näher wir dem Wendepunkt an der Südspitze der Insel kommen. Der inzwischen eingesetzte Nieselregen fällt aufgrund des Windes beinahe waagerecht. Nach der Wende geht es dann auf der Wasserseite der Insel wieder stromab. Unglaublich, das gegenüberliegende Weserufer ist aufgrund der Entfernung und Witterung kaum auszumachen.

Inzwischen hat sich unser Boot anfangs der zweiten Hälfte des Feldes einsortiert. Mit den schnellen Booten, eingespielten Renncrews aus Altwarmbüchen, Hildesheim und Nordenham können wir nicht mithalten, wollen wir auch gar nicht. Wir fahren ambitioniert, genießen die Fahrt aber auch und bestaunen die riesiegen Seetonnen, mit denen die Fahrrinne markiert ist, und gigantische Frachtschiffe, die aus Bremen Richtung Nordsee unterwegs sind.

Nach der Zieldurchfahrt werden schnell die Boote versorgt und dann geht es zum gemütlichen Teil über. Das Nordenhamer Kuchenbüffet ist legendär und wieder bestens bestückt, der Grill ist in Betrieb und für musikalische Begleitung mit Küstenfeeling sorgt wieder der Nordenhamer Shantychor, bekannt aus verschiedenen Talkshows im TV. Eine rundum gelungene Veranstaltung.

Für den Sonntag steht nun das Highlight der Tour auf dem Programm, die Ausfahrt ins Wattenmeer. Den Zeitplan solcher Touren bestimmt hier der Gezeitenkalender und so war sehr frühes Aufstehen angesagt. Wir treffen uns im Morgengrauen schon vor fünf Uhr am Ruderclub, gönnen uns schnell noch ein Marmeladenbrot und einen Schluck Kaffee. Dabei genießen wir den Sonnenaufgang auf dem Bootssteg. Nun müssen die Boote schnell raus, bevor der Steg im ablaufenden Wasser trocken fällt. Leider zieht plötzlich Nebel auf. Anlaß für das Bramscher Boot, abzubrechen. Die anderen vier Boote starten aber.

 Direkt nach dem Start taucht neben uns aus dem Nebel das Baggerschiff auf. Den Kollegen kennen wir schon von gestern. Der tut nichts! Die “Alpha B“ ist auf diesem Flußabschnitt in einer Endlosschleife unterwegs, um gegen die Versandung der Fahrrinne anzugehen. Schließlich ist Bremerhaven immer für Schiffe mit einem Tiefgang von 13,8 m erreichbar, Bremen immerhin noch bis 11,1 m.

Es wird vereinbart, zunächst bis zum Ende des Mündungstrichters zu rudern, eine bekannte Wetterscheide, um dort endgültig über die Weiterfahrt zu entscheiden. Hier, am alten Bremerhavener Oberfeuer endet die nautische Kilometrierung der Weser als Fluß. Das orographisch linke Ufer läuft stark nach Westen aus und gerät schnell außer Sicht. Unsere Route führt aber am Westrand der Fahrrinne weiter nach Norden und daher muß das Ostufer zur Orientierung sichtbar sein.
Wir haben Glück, der Nebel hat sich inzwischen gelichtet, die Sicht ist ausreichend, Wind und Wellen sind im grünen Bereich und der Fahrtenleiter entscheidet auf ruderbare Bedingungen.

Das Abenteuer beginnt – wir sind nun auf der Außenweser am Übergang zur Nordsee und rudern parallel zum etwa zwei bis drei km entfernten Ostufer ins offene Wasser. Wir passieren das Kreuzfahrtterminal und die Hafenanlagen. Hatten wir gestern weiter stromauf noch die nach Bremen einfahrenden Schiffsriesen bestaunt, passieren wir nun noch größere Kaliber. Auf einem Ozeanriesen türmen sich hunderte von Containern zu einem imposanten Berg. Wir begegnen einem gigantischen Autofrachter aus Korea, der hier im Nahbereich schon von mehreren Schleppern Richtung Bremerhaven bugsiert wird. Wie viele tausend Autos werden hier wohl angeliefert?

Nach insgesamt rund 24 km erreichen wir die gesuchte Einfahrt in einen Priel und rudern diesen bis zum Ende. Hier steigen wir aus und stehen nun weit draußen mitten im Wattenmeer. Ein unvergeßlicher Moment.

Nun können wir unser Frühstück nachholen. Der mitgeführte Proviant hätte leicht die doppelte Personenzahl versorgen können, aber Rudern macht ja auch hungrig. Dabei müssen wir ständig auf die Boote acht geben und sie in bereits einsetzender Flut immer neu an Land ziehen.

 Plötzlich geht alles ganz schnell. Das Wasser kommt zurück. Eben standen wir noch auf dem Watt, Minuten später sind wir im knietiefen Wasser. Von dem endlos scheinenden Watt sind nur noch einzelne, kleine Inseln zu sehen. Nun wird klar, wie hier immer wieder unerfahrene Wattwanderer in Not geraten können. Wir steigen in die Boote und machen uns in direkter Linie auf den Rückweg. Ein paar mal bleiben wir an noch nicht ausreichend überspülten Sandbänken hängen, kommen aber insgesamt gut voran.

 Auf dem Rückweg begegnen wir dann einem der wenigen noch aktiven Großsegler. Die “Großherzogin Elisabeth“ ist auch im Alter von 110 Jahren noch regelmäßig auf Nord- und Ostsee unterwegs. Sie überholt auf ihrem Rückweg zum Heimathafen Elsfleth in Rufweite. Die von Deck herabgerufenen Anfeuerungen motivieren Christian und seinen Kollegen im mitfahrenden Zweier, sich noch einmal besonders ins Zeug zu legen. Sie schaffen es nicht nur die Geschwindigkeit zu halten, sondern auch noch einmal am Schiff vorbei zu ziehen.

Wir erreichen die Wesermündung ohne Probleme und nun drückt uns die Flut mit Macht gegen die Stromrichtung flußaufwärts. Inzwischen haben sich auch die letzten Wolken verzogen und die Sonne brennt kräftig herab. Heftiger ablandiger Wind sorgt zwar für etwas Kühlung, türmt aber im Oberflächenwasser auch ordentliche Wellen auf. Selbst unsere solide gebaute “Wilhelm Bette“ rollt kräftig in der Dünung. Zum Glück haben wir die Abdeckungen montiert und nehmen so kaum Wasser. Plötzlich merken wir, daß wir nicht länger allein sind. Eine Robbe begleitet uns ein ganzes Stück lang. Immer wieder taucht ihr Kopf direkt neben unserem Boot auf und wir werden aus neugierigen Augen betrachtet.

Dann erreichen wir den Steg und hier schickt uns die Weser noch einen letzten Gruß. Gerade sind wir ausgestiegen, als die mächtige Welle eines vorbeifahrenden Schiffes unser Boot weit auf den Steg zu werfen droht. Mit letztem Einsatz können wir dies gerade noch verhindern, erhalten dabei aber eine Ganzkörperüberspülung. Rudern ist halt Wassersport.

Nach dem Versorgen der Boote kümmern wir uns um die Reste des Frühstücks, genehmigen uns noch ein Abschiedsbierchen und brechen dann auf. Grüße und Dank an den NRC!

Die süddeutsche Fraktion verlagert sich nun größtenteils nach Bremen, wo wir wieder auf der “Schulschiff Deutschland“ übernachten. Der 1927 gebaute Großsegler hat schon vor vielen Jahren hier endgültig festgemacht und kann als maritime Unterkunft gebucht werden. Am nächsten Tag starten wir von dort aus unsere Abschiedstour. Dirk stellt uns in Vegesack nicht nur Boote zur Verfügung, sondern begleitet uns auch noch einmal.

Wir rudern stromab, passieren verschiedene Werften für Luxusjachten und einen großen Anleger der Küstenwache. Unser Ziel ist der U-Boot-Bunker Valentin, damals größtes Bauprojekt der Kriegsmarine und nach Brest zweitgrößte Bunkeranlage in Europa.

Mit zunehmender Dauer verlieren wir dann aber zusehends an Fahrt. Der mitgeführte Tidenkalender bestätigt unseren Eindruck – wir sind etwas zu spät dran und rudern bereits gegen auflaufendes Wasser an. Wir entscheiden uns daher, etwas abzukürzen und steuern einen malerischen Sandstrand in einer Innenkurve an. Hier genießen wir bei herrlichem Sonnenschein unser mitgeführtes Picknick. Ein schöner Abschluß der Tour.

Die letzten Kilometer zurück sind dann schnell absolviert, Boote geputzt und nach einen Abschiedsschluck auf der Terrasse des Restaurants im Ruderclub brechen wir zeitig auf. Schließlich haben wir alle noch ein paar hundert Kilometer Autobahn vor uns.

Das war ein ganz tolles langes Wochenende mit außerordentlichen Eindrücken.

Herzliche Grüße in den Norden und herzlichen Dank an die Organisatoren.